„Größter Betrug der Geschichte“: Drittreichster Mann der Welt wird ruiniert - mit Folgen für die Deutsche Bank
Der US-Fonds Hindenburg Research wirft dem Milliardär Gautam Adani den „größten Betrug der Geschichte“ vor. Der indische Unternehmer soll es nur mit unlauteren Tricks zum drittreichsten Mann der Welt geschafft haben. Jetzt ist sein Reichtum im freien Fall.
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Nur wenige Menschen können von sich behaupten, je reicher gewesen zu sein als Jeff Bezos. Der Franzose Bernard Arnault ist so jemand, Elon Musk ein zweiter. Vor einer Woche gehörte auch der im Westen weitgehend unbekanntere Gautam Adani dazu. Auf 126 Milliarden Dollar schätzte das Magazin Forbes sein Vermögen Ende Januar noch. Davon ist mittlerweile nur noch gut die Hälfte übrig. Adanis Reichtum ist in nur neun Tagen um 56 Milliarden Dollar geschrumpft.
Hinter dem Niedergang des 60-jährigen Inders steckt ein Fonds am anderen Ende der Welt. Der New Yorker Fonds Hindenburg Research veröffentlichte am 24. Januar einen Bericht, an dem die Aktivisten des Fonds zwei Jahre lang gearbeitet hatten. Tenor: Adani würde den „größten Betrug der Geschichte“ abziehen, sein Wirtschaftsimperium sei auf Lug und Trug aufgebaut. Auch wenn der Inder die Anschuldigungen abweist, kann er dem Wert seiner Adani Group seitdem beim Schmelzen zusehen.
Wer ist überhaupt Gautam Adani?
Wenn es um die reichsten Menschen der Welt geht, ist der Name Gautam Adani wohl selbst jenen unbekannt, die sich regelmäßig die Top-Plätze der Bestenlisten beispielsweise von Forbes oder Bloomberg ansehen. Adani, 1962 in Ahmedabad im Nordwesten Indien geboren, startete seine Karriere mit 23 Jahren. Er gründete die Adani Exports Limited, das Kernstück der heutigen Adani Group. Anfangs handelte er international mit Gütern wie Kunststoffen und Agrarzeugnissen, ab 1991 dehnte er sein Geschäft auf Textilien und Rohstoffe aus.
Doch der wahre Aufstieg begann ab Mitte der 1990er Jahre. 1995 baute Adani für sein Handelsgeschäft seinen eigenen Hafen in Mundra, nahe seiner Heimatstadt. Der Hafen ist mittlerweile der größte privat betriebene Hafen Indiens und der größte Containerhafen des Subkontinents. Ein Jahr später begann er, Strom nicht mehr nur zu handeln, sondern selbst zu erzeugen und baute sein erstes geothermisches Kraftwerk. Heute ist er der größte Anbieter geothermischer Energie in Indien und seit 2020 auch der größte Solarstrom-Anbieter des Landes. Zudem gehören ihm 74 Prozent des internationalen Flughafens von Mumbai. Hinzu kommen viele andere Wirtschaftsbereiche, in denen sich seine Adani Group engagiert.
Okay, wo ist das Problem?
Gautam Adani hat die Expansion seines Unternehmens stets mit hohen Krediten finanziert. Logisch, der Bau von Häfen und Kraftwerken ist eine hohe Investition. Noch vor drei Jahren war der Inder damit außerhalb seines Heimatlandes kaum bekannt. Dann aber startete eine rasante Expansion. Sieben Unternehmen der Adani Group sind an der Börse notiert. Sie alle legten in den vergangenen drei Jahren im Schnitt um 819 Prozent im Kurs zu. Zum Vergleich: Selbst Elon Musk und Tesla kommen im selben Zeitraum „nur“ auf 318 Prozent. Adani selbst wurde in diesen drei Jahren um rund 100 Milliarden Euro reicher und Ende Januar als drittreichster Mensch der Welt geführt.
Hindenburg Research argumentiert, dass sich Adani viele dieser Kredite erschwindelt hat. Er soll die Börsenkurse seiner Unternehmen bewusst nach oben manipuliert haben und die überteuerten Aktien dann als Sicherheit für Kredite verwendet haben. Der Ausbau seines Imperiums beruhe demnach auf Betrug – und das in der Höhe von mehr als 100 Milliarden Dollar. Die Adani Group war vor dem Hindenburg-Bericht rund 218 Milliarden Dollar wert. Das ist in ungefähr so viel wie SAP und die Deutsche Telekom zusammen auf die Waage bringen.
Was sind die konkreten Vorwürfe?
Hindenburg Research gibt an, für seinen 413-seitigen Report Tausende Dokumente ausgewertet und zig ehemalige Mitarbeiter, darunter auch Vorstände aus Adanis Firmen, interviewt zu haben. Die Vorwürfe sind mannigfaltig. So soll Gautam Adani acht der wichtigsten Führungspositionen an Verwandte vergeben haben, die immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt kamen. Meistens geht es dabei um ein Netz von Briefkastenfirmen, mit denen die Adanis künstliche Umsätze und Gewinne erzeugten. Gegen Gautams jüngeren Bruder Rajesh und seinen Schwager Samir ermittelten indische Behörden deswegen schon vor 15 Jahren im Diamantenhandel, gegen seinen älteren Bruder Vinod wird aktuell ermittelt.
Vinod soll ein Netz von 38 Briefkastenfirmen auf der Insel Mauritius überblicken. Diese Firmen betreiben kein operatives Geschäft, hätten aber in den vergangenen Jahren Milliarden Dollar zwischen den verschiedenen Teilen der Adani Group hin und hergeschoben. Dabei geht es vor allem um zwei Vorwürfe: Erstens sollen die Briefkastenfirmen relevante Aktienpakete der Adani-Töchterfirmen gehalten haben, mit dem Ziel, sie passend einzusetzen, um den Börsenkurs zu manipulieren. Zweitens sollen Gewinne über die Briefkastenfirmen verschoben worden sein, um die Bilanzen einzelner Unternehmensteile aufzuhübschen, mit dem Ziel, an neue Kredite zu gelangen.
Was sagt Gautam Adani dazu?
Die Adani Group bestreitet die massiven Vorwürfe. Man habe sich stets an alle Gesetze gehalten. Der Report von Hindenburg Research sei eine „Angriff auf Indien“. Auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung wird von Adani als persönlicher Angriff betrachtet. Eigentlich wollte die Gruppe diese Woche neue Anleihen im Wert von 2,5 Milliarden Dollar herausgeben, hauptsächlich, um Altschulden zu bedienen. Es wäre Indiens größte Anleihenausgabe im privaten Sektor gewesen. Wegen der Tumulte nach Veröffentlichung des Reports wurde dies nun verschoben.
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Welche Auswirkungen hat der Hindenburg-Report?
Wie oben angedeutet, befindet sich die Adani-Gruppe seit dem 24. Januar im freien Fall. Gautam Adani selbst hat rund 56 Milliarden Dollar verloren, der Wert seines Unternehmens schrumpfte um rund 86 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das ist ein Verlust in der Höhe des Wertes von VW – in nur einer Woche.
Gut, ein indischer Milliardär verliert also Geld. Warum sollte mich das interessieren?
Neben der Tatsache, dass der Verdacht im Raum steht, das Imperium des drittreichsten Menschen der Welt bestünde nur aus Lug und Trug, gibt es auch handfeste Auswirkungen außerhalb Indiens. Denn die unberechtigten Kredite wurden Adani in den vergangenen Jahren meist von ausländischen Banken gegeben. Indische Institute halten nur noch 38 Prozent der Schulden der Unternehmensgruppe. Zu den größten Gläubigern gehören hingegen die US-Großbanken JP Morgan , Citigroup und Bank of America , die UBS und Credit Suisse aus der Schweiz, Barclays aus Großbritannien und auch die Deutsche Bank .
Diese Institute stehen jetzt vor einem Milliardenproblem. Entweder die Vorwürfe aus dem Hindenburg-Bericht treffen zu und Adani hat sie bei der Kreditvergabe betrogen. Dann dürften die Schulden der Unternehmensgruppe wesentlich höher als ihre finanziellen Reserven sein und viele der Kredite drohen auszufallen, was einen riesigen Verlust für die Institute bedeutet. Oder aber die Vorwürfe sind nicht berechtigt, haben aber bereits einen massiven Fall der Aktienkurse ausgelöst. Da diese Aktien oft als Sicherheiten für die Kredite hinterlegt wurden, drohen in diesem Fall also auch Zahlungsausfälle. Wenngleich indische Banken nur eine Minderheit der Kredite stellen, mussten sie diese Woche aber schon öffentlich bekanntgeben, in keinem der beiden Fälle in ihrer Liquidität bedroht zu sein. Experten hatten sonst einen Banken-Run gefürchtet, bei dem normale Anleger ihre Gelder abheben aus Angst vor einer Bankenpleite. Das hätte dann auch die Institute in Schwierigkeiten gebracht.
Welche Vorteile hat Hindenburg Research durch die Affäre?
Größter Nutznießer des Skandals um die Adani Group ist Hindenburg Research, also genau die Organisation, die die Krise ausgelöst hat. Hindenburg sieht sich als Aktivisten-Fonds, der Unregelmäßigkeiten wie bei Adani aufdecken möchte, um solche schwarzen Schafe öffentlich anzuprangern. Damit ist Hindenburg nicht der einzige Investor, der so arbeitet. Die britische Viceroy brachte mit derselben Methode in den vergangenen Jahren zum Beispiel Wirecard, Steinhoff und die Adler Group zu Fall. Die Aktivisten profitieren dabei davon, dass sie zuvor Aktien „shorten“. Dabei leihen sie sich Aktien – in diesem Fall der Adani Group – und verkaufen diese direkt. Die Hoffnung ist, dass der Kurs fällt, bis sie die Aktien wieder zurückgeben müssen, so dass sie diese zum Rückgabedatum günstiger einkaufen können. Der Kursverlust des Unternehmens ist dann der Gewinn des Short-Sellers. Hindenburg Research gibt in seinem Report an, genau eine solche Short-Position bei den Adani-Aktien zu besitzen, benennt aber deren Größenordnung nicht.
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